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Restaurative Reproduktive Medizin
von Susanne van der Velden

Einführung

Während der letzten ca. 30 Jahren hat die reproduktive Medizin durch die Einführung der künstlichen Befruchtung umfangreiche Veränderungen erfahren. Weitgehend unabhängig von der Ursache der Sterilität können durch eine Instrumentalisierung des Konzeptionsvorganges Schwangerschaften herbeigeführt werden.
Dies hat große medizinische, soziale, finanzielle, juristische und ethische Entwicklungen ausgelöst und eine Vielzahl von Fragen aufgeworfen.
Im Schatten dieses gewaltigen Umbruchs hat eine bekannte Richtung in der Therapie von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch eine Renaissance erlebt: die “restaurative (wiederherstellende) reproduktive Medizin”. Durch die Wiederherstellung der Fruchtbarkeit von Mann und Frau wird eine spontane Konzeption ermöglicht. Die restaurative reproduktive Medizin umfasst alle konservativen und chirurgischen medizinischen Maßnahmen, die eine Verbesserung der Fertilität zum Ziel haben. Weltweit haben sich universitäre und nicht-universitäre Einrichtungen der Forschung gewidmet, Gründe für das Ausbleiben einer Schwangerschaft zu diagnostizieren und zu therapieren.
Im Jahre 1999 wurde das “International Institute for Restorative Reproductive Medecine” gegründet. Ziel ist es, “die hervorragende Qualität in restaurativer reproduktiver Medizin… voranzubringen.. durch die Unterstützung von Forschung und Praxis” (www.restorative-reproductive-medecine.com)
Wissenschaftliche Fortbildungen, lokal und online, Durchführung von Studien und Versammlung von Literatur bilden die Hauptaufgaben des Instituts. „Together. Transforming Reproductive Medecine“ ist der Slogan des Instituts, dem inzwischen mehrere hundert Ärzte verschiedener Fachdisziplinen weltweit angeschlossen sind. Inzwischen ist ein weltweites Netz von Erfahrungsaustausch und Ausbildung von Ärzten verschiedenster Fachdisziplinen entstanden.
Unter den vielen Verfahren zur Verbesserung der weiblichen und männlichen Fruchtbarkeit ist die in den Vereinigten Staaten entwickelte “NaProTechnology”- Methode am weitesten verbreitet. Diese Therapieform ist die weitaus am besten standardisierte und wissenschaftlich fundierte aller Verfahren.
“NaProTechnology” (=Natural Procreative Technology) ist eine medizinische Diagnostik- und Therapiemethode. Sie wurde in den 70-er Jahren an den Universitäten von St. Louis und Creighton/USA durch Dr. Thomas Hilgers entwickelt. Hilgers, Gynäkologe und Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben, hat in seinem Buch “The Medical and Surgical Practice of NaProTechnology” die Basis für diese wissenschaftliche Methode gelegt. Inzwischen arbeiten weltweit ca. 900 in NaProTechnology ausgebildete Ärzte.
“FertilityCare” – Sorge tragen für die Fruchtbarkeit – ist ein Programm, das ebenfalls durch die Arbeitsgruppe um Dr. Hilgers entwickelt wurde. Ein Kursprogramm für Frauen und Paare in verschiedenen reproduktiven Situationen: Kinderwunsch, Familienplanung, Schwangerschaftsvermeidung, Zyklusbeschwerden, Beobachtung der gynäkologischen Gesundheit, etc. sind Indikationen für das Anlernen der Methode. Die Basis bildet eine detaillierte Zyklusbeobachtung mit der FertilityCare-Methode, die durch weltweit mehrere tausend Beraterinnen angeboten wird.

Im deutschsprachigen Raum wurde das FertilityCare-Programm vor ca. 8 Jahren eingeführt. Inzwischen arbeiten rund 10 FertilityCare-Beraterinnen und 6 NaProTechnology-Ärzte in individuellen Praxen und Kliniken in der Schweiz, Deutschland, Österreich. ( www.fertilitycare.ch; www.fertilitycare.de; www.fertilitycare- wien.at)
Die größte deutschsprachige Einrichtung ist die FertilityCare-Klinik am Kath. Karl- Leisner-Klinikum in Kleve/Niederrhein unter der Leitung der Autorin. Die Klinik wird nicht nur durch Paare aus Deutschland, sondern auch umgebenden Ländern frequentiert. Ein long-distance-Therapieprotokoll ermöglicht auch Paaren über größere Entfernungen eine effektive und sichere Therapie.

Der vorliegende Artikel gibt in vier Punkten eine Übersicht über die Methodik der von uns angewandten Fertilitätstherapie.

1. Basis der Diagnostik und Therapie der primären und sekundären Sterilität
2. medizinische und soziale Rahmenbedingungen für eine Kinderwunschtherapie
3. Zusammenarbeit zwischen Ärzten und FertilityCare-Beraterinnen
4. Fallbeispiele

Eine ethische Bewertung der Methode bleibt dem Leser überlassen. Es soll an dieser Stelle jedoch nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass alle Schwangerschaften, die mit reproduktiver restaurativer Therapie entstehen, natürliche Konzeptionen sind. In keinem Fall wird in den Vorgang der Konzeption eingegriffen. Das einzige Ziel jeder Therapie ist das Erreichen einer ausreichenden Fruchtbarkeit des Paares, sodass eine Schwangerschaft auf normalem Weg eintreten kann.

Herkömmliche Therapie der Sterilität

Selbstverständlich versuchen Gynäkologen, Frauen die mit Fruchtbarkeitsproblemen zu ihnen kommen, zu behandeln. Das Spektrum reicht von Hormonbehandlung, Operationen, Temperaturmessen über Ovulationstests und Vitaminpräparaten bis hin zu Naturheilkunde oder Yoga. In der Regel stellt sich jedoch bei Persistenz der Sterilität die Frage nach einer künstlichen Methode. Normalerweise besteht der erste Schritt aus einer Serie Inseminationen mit oder ohne Follikelstimulation. Anschließend ist die künstliche Befruchtung mit oder ohne ICSI der nächste Schritt. Die künstliche Befruchtung ist signifikant allen anderen Methoden in den Fällen überlegen, in denen beide Eileiter verschlossen sind, da dadurch eine natürliche Konzeption nicht möglich ist. Für diese Indikation wurde die IVF entwickelt. Inzwischen sind viele relative Indikationen dazugekommen: Endometriose, Hormonprobleme, psychische Probleme, männliche Subfertilität und „idiopathische“ (=unbekannte) Ursachen. Die Vorgehensweise ist in allen Fällen dieselbe: unabhängig von der Ursache des Fruchtbarkeitsproblems wird der normale Zyklus der Frau ausgeschaltet und durch einen künstlichen ersetzt. Im Fall von Frischzyklen wird eine Überstimulation herbeigeführt und anschließend die Eizellen und Samenzellen unter Laborbedingungen zusammengeführt. Die entstandenen Embryonen werden anschließend einige Tage bebrütet und schließlich in die Gebärmutter implantiert.

Das Verfahren ist im Grunde unabhängig von der Ursache der Infertilität. Es stellt eine Art bypass, eine Umgehung des tatsächlichen Problems, dar.

Im Gegensatz dazu beruht die Vorgehensweise der wiederherstellenden reproduktiven Medizin in einer äußerst individuellen Diagnostik und Therapie. Vergleicht man die Erfolgszahlen der künstlichen Befruchtung mit denen von NaProTechnology – dies ist auf Grund verschiedener statistischer Ansätze nur bedingt möglich – so liegen beide etwa im selben Niveau: pro IVF-Zyklus bekommen im Durchschnitt etwa 20% der Frauen ein Baby. Mit zunehmenden Versuchen erhöht sich die Zahl auf ca. 25%. Mit NaProTechnology liegt die Geburtenrate bei gut 25%.


1. Basis der Diagnostik und Therapie der primären und sekundären Sterilität

Für uns als Ärzte besteht der erste Schritt zur Therapie einer Krankheit im Durchführen einer gründlichen Diagnostik, um die Pathologien zu erkennen, die der Erkrankung zugrunde liegen. Im zweiten Schritt erfolgt der Entschluss zu einer Behandlung, die abgestimmt ist auf die Diagnose und die Situation des Patienten, z.B. Alter, Gewicht, andere Erkrankungen, etc.
Eine Beispiel: ein Husten ist ein Symptom, dem viele Ursachen zugrunde liegen können: Verschlucken, Erkältung, Pneumonie, Bronchialkarzinom um nur einige zu nennen. Zur sicheren Diagnose der Ursache des Hustens würde man andere Faktoren wie z.B. Fieber, Gewichtsverlust, Heiserkeit, etc. in die Überlegung einbeziehen. Eventuell wäre eine ergänzende Diagnostik wie z.B. ein Röntgenbild oder eine Biopsie sinnvoll, um schließlich zu der Diagnose der tatsächlichen Ursache des Hustens zu kommen. An diesem Beispiel wird deutlich: das Symptom „Husten“ an sich ist nicht ausreichend, um eine Therapie zu indizieren. Es bedarf einer weiteren Abklärung zur Indikationsstellung einer entsprechenden Therapie. Niemand würde auf die Idee kommen, alle Ursachen des Hustens mit derselben Therapie zu behandeln.
In der reproduktiven Medizin ergibt sich jedoch häufig genau dieses Bild: die Therapie der Sterilität ist stets dieselbe – unabhängig von deren Ursache. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Sterilität = das „nicht-schwanger-werden-können“ an sich ein Symptom ist. Allerdings wurde die „Sterilität“ in der gängigen Nomenklatur als Diagnose aufgenommen.

Diagnostik und Therapie der Frau

Bei der Frau basiert die Diagnostik und Therapie auf vier Säulen:
1.) nichtgynäkologische Hormonachsen
2.) organische Ursachen
3.) life style und immunologische Faktoren
4.) Ovulationsinduktion


1.) nichtgynäkologische Hormonachsen
Im Hinblick auf die nichtgynäkologischen Hormonachsen werden im Rahmen der Basisdiagnostik alle üblichen Serumspiegel untersucht: TSH, Prolaktin, Androgene, etc.
Darüberhinaus werden systematisch weitere Hormonachsen, die einen Einfluss auf die endokrine Funktion der Ovarien haben, untersucht. Beispielsweise können Pathologien der Nebennierenhormone, wie z.B. Cortisol, eine Insuffizienz der ovariellen Funktion mit verursachen. Die Therapie der Störung besteht in der üblichen endokrinologischen Therapie der Funktionsstörung und erfolgt falls nötig interdisziplinär mit den internistischen Endokrinologen: L-Thyroxin bei Hypothyreose, Bromocriptin bei Hyperprolaktinämie, Prednisolon bei Cortisolmangel, etc.

2.) organische Ursachen:
Eine regelrechte Anatomie und Physiologie der weiblichen Geschlechtsorgane bzw. des kleinen Beckens ist Voraussetzung für eine Konzeption und den Erhalt einer Schwangerschaft. Im Rahmen der Basisdiagnostik ist daher eine gynäkologische Untersuchung und vaginaler Ultraschall von erheblicher Bedeutung. In Zusammenschau mit der Vorgeschichte der Patientin (z.B. gynäkologische Voroperationen, Infektionen im Bauchraum, etc.) lässt sich die Notwendigkeit eines diagnostischen oder therapeutischen operativen Eingriffs einschätzen. Zu den Indikationen für eine operative Sanierung der Fertilität gehören Endometriumpolypen, Adhäsionen, Endometriose, PCOS ebenso wie Tubenobliterationen oder Myome. Alle diagnostischen bzw. therapeutischen operativen Eingriffe haben zum Ziel, die Fertilität der Patientin so zu verbessern, dass eine Konzeption ermöglicht wird. Während der letzten Jahrzehnte hat die restaurative chirurgische Therapie dank der Verwendung von Lasertechnik, der Verbesserung von Adhäsionsprophylaxen und minimalinvasiver Chirurgie große Fortschritte erzielt.

3.) life style und imunologische Faktoren:
Allgemein bekannt ist der Einfluss von „Life-style“-Faktoren wie Gewicht, Stress, Nikotin-, Alkohol- oder Koffeinabusus auf die Fruchtbarkeit von Mann und Frau. Daher ist vor Beginn jeder Therapie eine Optimalisierung dieser Faktoren sinnvoll. Darüberhinaus können verschiedene immunologische Pathologien wie z.B. Allergien, Nahrungsmittelintoleranzen oder andere auto-immune Erkrankungen die Fertilität herabsetzen. Zum Bespiel die Hashimoto-Thyreoiditis. Genetische Studien legen einen möglichen Verband zwischen Glutenallergie, ekzematösen Hauterkrankungen und Endometriose nahe. Dies sind nur einige Beispiele. Im klinischen Alltag sehen wir regelmäßig Patientinnen, die von Eliminationsdiäten durch verbessertes Wohlbefinden profitieren, auch Schwangerschaften nach mehreren Jahren Unfruchtbarkeit kurz nach Elimination von z.B. Gluten wird wiederholt berichtet. Dies sind Einzelfallbeschreibungen, sie unterstreichen durch ihre Häufung jedoch die Sinnhaftigkeit, diese Faktoren in die Diagnostik und Therapie standardisiert zu integrieren.

4.) Ovulationsinduktion:
Hierbei ist wahrscheinlich die größte Unterschied zur allgemeinen Sterilitätstherapie ersichtlich. Das erfassen des Zyklusverlaufes der Frau und eine entsprechende Hormontherapie ist seit langem bekannt und weit verbreitet unter dem Namen

Ovulations-Induktion. Die herkömmlich Diagnostik und Therapie wurde jedoch im Lauf der letzten Jahrzehnte durch umfangreiche Forschung im Rahmen der restaurativen Fertilitätstherapie erheblich ergänzt und verfeinert:
Im den FertilityCare-Kursen erlernen die Frauen das tägliche Beobachten von Biomarkern wie z.B. den periovulatorischen Zervixschleim oder Blutungen. Diese werden in einer Zykluskarte täglich notiert. So entsteht ein individuelles Zyklusmuster. Die Zyklusbeobachtung kann zur „natürlichen Familienplanung“ verwendet werden. Allerdings bietet die Aufzeichnung mit der FertilityCare-Methode durch ihre detaillierte Vorgehensweise mehr als jede andere Familienplanungsmethode die Möglichkeit, Pathologien des weiblichen Zyklus aufzudecken.
Das permanente Monitoring des Zyklus dient auch der Diagnostik milder Symptome gynäkologischer Störungen, die die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und ohne detaillierte Aufzeichnungen nicht erkannt werden können, z.B. braune Schmierblutungen vor oder nach der Menstruation. Oft wird dieses Symptom nicht wahrgenommen oder bewertet. Aus klinischen Studien zeigt sich, dass rund 60% dieser Blutungsstörungen durch ein Progesterondefizit in der lutealen Phase verursacht werden. Dies wiederum kann mitursächlich z.B. an der Entstehung einer Fehlgeburt beteiligt sein. Durch die zyklusadaptierte Substitution von natürlichem Progesteron ist eine ausgeglichene hormonelle Lage und damit normales Menstruationsprofil wiederherstellbar. In ca. 20% der Fälle können Endometriose oder immunologische Faktoren die Ursache sein. Auch subklinische Endometritiden können solche Symptome hervorrufen.
Störungen in der Länge der Follikel- bzw. Lutealphase sind allesamt Symptome von gynäkologischen Störungen. Bereits diskrete Veränderungen können einen Hinweis auf gynäkologische oder endokrine Pathologien darstellen: ein Fehlen des Zervixschleims kann auf eine Follikelreifungsstörung hinweisen, ein Persistieren des Schleims auf eine Cervixinfektion. All diese Zeichen lassen sich nur durch das konsequente und präzise tägliche Monitoring und Aufzeichnen durch die Frau selbst erkennen. Durch den Einsatz der FertilityCare-Zykluskarte ist die Diagnostik des weiblichen Zyklus somit allen anderen Diagnostika überlegen.
Selbstverständlich wird das Zyklusmonitoring ergänzt mit der Durchführung der Standarduntersuchungen: sonographisches Follikelmonitoring inklusive Nachweis der stattgehabten kompletten Ovulation. Hierbei werden Follikelreifungsstörungen und Ovulationsdefekte wie z.B. Zystenbildung nachgewiesen bzw. ausgeschlossen. Auch die Bestimmung der lutealen Hormonparameter gehört zum Standard. An dieser Untersuchung lässt sich gut illustrieren, wie die Diagnostik und Therapie sich völlig am individuellen Zyklus orientiert: durch die Zyklusaufzeichnungen weiß die Frau exakt, wann die Ovulation stattfindet. Die Kontrolle der Lutealhormone erfolgt dann jeweils eine Woche nach diesem Zeitpunkt. So ist unabhängig von der Zykluslänge - ohne jegliche medizinische Intervention - gewährleistet, dass der Zeitpunkt der Blutabnahme sicher in der gewünschten mittleren Lutealphase erfolgt. Dies ist auf Grund des zyklischen Verlaufes der Hormone für die Interpretation der Resultate von großer Bedeutung.
Die Therapie der Zyklusstörungen ist vergleichbar mit der Therapie eines Diabetes Typ I: hierbei wird ein Hormon, das Insulin unzureichend gebildet. Die gute Therapie ist individuell abgestimmt auf die Situation des Patienten: Gewicht, Sport, Ernährung und vor allem die Funktion des Pankreas. Die Frage ist also: welche Menge und welche Art

Insulin braucht der Patient zu welcher Tageszeit für einen ausgeglichenen Stoffwechsel? Die medikamentöse Therapie der Zyklusstörungen ist vergleichbar: zu welchem Zeitpunkt im Zyklus hat die Frau welche Menge von welchem Hormon nötig für eine ausgeglichene Zykluslage? Liegt eine Störung der Reifung des Follikels und damit der Eizelle vor, eine inkomplette Ovulation oder eine unzureichende postovulatorische Phase? Die Therapie besteht in der individuellen Dosierung der Hormonsubstitution bis zum Erreichen von normalen und ausgeglichenen Hormonleveln. Die zum Einsatz kommenden Hormone sind die üblichen, in der Fertilitätsmedizin verwendeten Produkte. Bei Störungen der Follikelreifung z.B. Clomifen oder FSH. Sie sind bewiesen effektiv und im Rahmen dieser Therapie praktisch nebenwirkungsfrei. Ziel der Zykluseinstellung ist das Wachsen und Springen eines einzigen Follikels. Die dazu notwendige Hormonmenge liegt weit unterhalb der Nebenwirkungsgrenze. Ovarielle Hyperstimulationssyndrome treten daher nicht auf. Zur Unterstützung der Ovulation wird in der first-line-Therapie das allgemein übliche HCG verwendet. Die Lutealphasenunterstützung erfolgt mit bio-identischem Progesteron bzw. HCG.
Ebenso wie Richtlinien bestehen für die Diabeteseinstellung, so gibt es auch Protokolle für die Zykluseinstellung. Wir wissen, dass es im Fall des Diabetes nötig ist, den Blutzuckerspiegel regelmäßig zu kontrollieren, um die Dosierung einstellen zu können Wir wissen, dass diese Erkrankung eine individuelle Therapie fordert. Wir wissen auch, dass Ernährung, Sport, Gewicht einen wesentlichen Einfluss haben auf das Resultat – im positiven wie negativen Sinn.
Abhängig vom Ausmaß des hormonalen Defizits wird die Art und die Dosierung des Medikaments festgelegt. Jede Dosierung ist individuell abgestimmt mit dem Ziel, einen guten Follikel wachsen zu lassen, einen kompletten Eisprung herzustellen und eine ausreichende luteale Phase im Hinblick auf die Einnistung zu schaffen.
Überstimulationen sind kein Therapieziel und Nebenwirkungen dieser Therapie sind daher sehr selten. Im Gegenteil - meist fühlen die Frauen sich durch den Ausgleich der Hormondefizite besser und fitter. Beschwerden wie z.B. das prämenstruelle Syndrom (psychische und körperliche Veränderungen vor der Regelblutung) bestehen dann nicht mehr.
Die genannten vier Pfeiler der Diagnostik und Therapie sind die standardisierte Vorgehensweise bei Frauen mit primärer Sterilität. Die Überlegenheit der Therapie mit NaProTechnology liegt in der äußerst detaillierten, standardisierten und umfangreichen Diagnostik und der individuellen Therapie. Bei der sekundären Sterilität, insbesondere bei (wiederholten) Fehlgeburten, werden alle oben genannten Diagnostikschritte durchlaufen und um entsprechende Abortdiagnostik ergänzt.
Fehlgeburten:
Der diagnostische und therapeutische Ansatz bei sekundärer Sterilität erfolgt weitgehend ähnlich der dargestellten Vorgangsweise – eine gute Schwangerschaft beginnt mit einem guten Zyklus. In die Diagnostik der (wiederholten) Aborte zusätzlich eingebunden sind spezifische Untersuchungen wie z.B. gerinnungsphysiologische Kontrollen oder Diagnostik subklinischer Endometritiden.
Jede Schwangerschaft wird regelmäßig kontrolliert auf eventuelle Hormonmängel. Insbesondere Progesterondefizite können das Risiko für Aborte, Frühgeburten,

Blutungen etc. erhöhen. Eine frühe und konsequente Substitution unter Kontrolle der Serumspiegel während der gesamten Schwangerschaft senkt dieses Risiko. Studien zeigen, dass mit NaProTechnology keine Erhöhung der Frühgeburtlichkeit oder niedrigere Geburtsgewichte gegenüber der Normalbevölkerung auftreten.


Diagnostik und Therapie des Mannes
Zu Beginn einer jeden Therapie bei der Frau erfolgt eine Objektivierung der männlichen Fertilität. Dies geschieht durch ein Spermiogramm nach WHO-Kriterien. Ist dieses normal und liegen keine relevanten Erkrankungen vor, so werden keine weiteren Maßnahmen beim Mann ergriffen. Ist dieses jedoch pathologisch, so erfolgt eine weitere Diagnostik und Therapie – analog zur Vorgehensweise bei der Frau. Das Spermiogramm stellt das Resultat von zugrundeliegenden Pathologien dar. Ist z.B. die Beweglichkeit der Samen eingeschränkt, so stellt sich die Frage, warum dies so ist. Entsprechend erfolgen weitere diagnostische Maßnahmen: urologische Untersuchung, Ultraschall, Hormonkontrollen, Antibiogramm, Kontrolle auf immunologische Faktoren und natürlich die Eruierung von life-style-Faktoren (z.B. Überwärmung, Übergewicht, Nikotin- oder Koffeinabusus, etc.). Je nach Abweichung wird diese entsprechend therapiert: hormonell, antibiotisch, etc.
Auffallend viele Paare sind über die Therapiemöglichkeiten bei männlicher Subfertilität wenig oder nicht informiert. In der Regel gehen die Therapien beim Mann, auch hormonelle Therapien, mit wenig Nebenwirkungen einher. Schwierig ist die prätherapeutische Einschätzung des möglichen Therapieerfolges: ob eine (hormonelle) Therapie den gewünschten Verbesserung ergibt, lässt sich oft nicht vorhersagen. Ein offenes Gespräch mit dem Paar ist daher erforderlich.


2. medizinische und soziale Rahmenbedingungen für eine Kinderwunschtherapie

Wie für alle Behandlungen gibt es auch für die Kinderwunschbehandlung mit NaProTechnology Bedingungen und Grenzen. Beim Mann ist zum Beispiel eine Mindestanzahl funktionsfähiger Spermien nötig. Ist dies trotz Therapie nicht zu erreichen, ist eine natürliche Konzeption nicht möglich.
Bei der Frau können schwere Endometriose oder Verklebungen, oder die Undurchlässigkeit beider Eileiter Grenzen der Therapiemöglichkeiten darstellen.
Bei der Entwicklung der Therapie stellte sich die Frage, in wie weit der behandelnde Arzt für das Wohlergehen des Kindes mitverantwortlich ist, das durch seine Behandlung entsteht. Eine intensive Befragung der Paare nach ihrer finanziellen, psychologischen und sozialen Situation wie z.B. bei einer Adoption liegt nicht im Aufgabenfeld des Arztes. Daher wurde ein einfaches objektivierbares Kriterium gesucht: Paare, die verheiratet sind, bleiben statistisch länger zusammen, als unverheiratete Paare. Kinder haben daher eine größere Chance, durch beide Elternteile aufgezogen zu werden. So wurde als Rahmenbedingung für eine Therapie die Eheschließung des Paares zugrunde gelegt.


3. Zusammenarbeit zwischen Ärzten und FertilityCare-Beraterinnen
Die oben beschriebenen Therapien zur Verbesserung der Fruchtbarkeitsproblematik sind vor allem medizinische Handlungen. Unbestreitbar ist jedoch die Bedeutung der sozialen, psychologischen und paardynamischen Komponente der ungewollten Kinderlosigkeit. Immer wieder erschütternd ist die Belastung der gesamten Lebensführung und Lebensfreude vieler Paare. Dies ist nicht weiter verwunderlich „fast 100 Menstruationen und damit 100 Enttäuschungen habe ich schon hinter mir“, erzählte eine Patientin kürzlich im Erstgespräch. Sie ist kein Einzelfall. Die ärztlichen Konsultationen in der FertilityCare-Klinik dauern in der Regel 45 bis 60 Minuten, oft auch mehr. Über die medizinischen Fragen und Analysen hinaus steht die Gesamtsituation des Paares im Zentrum des Gesprächs. Das Paar ist der Hauptakteur, sie treffen die Entscheidungen wie weit eine Therapie geht, wie schnell, wie umfangreich. Der Arzt stellt die Therapiemöglichkeiten vor, überwacht die Sicherheit der Therapie, optimiert die Behandlung. Das Paar „lässt es nicht über sich ergehen“, sondern ist aktiv in jede Entscheidungsfindung einbezogen. Es wird Nachdruck gelegt auf die gemeinsame Fruchtbarkeit des Paares: keiner ist der „Schuldige“, sondern die gemeinsame Fruchtbarkeit wird angenommen. Themen wie erfüllte Sexualität und Intimität sind elementarer Bestandteil der Gespräche. Die Paare werden ermutigt, ihre Intimität nicht
„nach der Uhr“ zu leben, nur im Hinblick auf das Zeugen eines Kindes. Sie werden bestärkt darin, die eheliche Gemeinschaft als Ausdruck ihrer Liebe zueinander wieder (neu) zu entdecken. Für viele Paare ist dies nach jahrelanger Zentrierung auf wenige Tage, manchmal Stunden im Monat eine echte Befreiung.
Eine Schlüsselrolle in der Begleitung der Paare haben die FertilityCare-Beraterinnen vor Ort. Sie sehen die Paare regelmäßig und sind für viele ein wichtiger Ansprechpartner. Sie kennen die Therapie und haben viel Erfahrung mit kinderlosen Paaren. Die Ausbildung der Beraterinnen, ein einjähriges Programm, umfasst auch psychologische, ethische, spirituelle und moraltheologische Elemente. Gläubige Paare haben auch die Möglichkeit, mit den Beraterinnen zu beten, wenn sie dies wünschen. „Vielleicht bekommen wir kein Kind,“ fasste eine Patientin (die inzwischen Mutter ist), einmal zusammen, „aber wir haben durch diese Behandlung wieder zueinander gefunden.“
Wenn bei einem Paar die Chancen auf eine Schwangerschaft nicht ausreichend gegeben sind, ist es wichtig, über andere Formen des fruchtbar-seins zu sprechen. Für manche Paare kann ein Adoptionsprozess eine Option sein, für andere das Annehmen eines Pflegekindes oder ehrenamtliches Arbeiten in gemeinnützigen Einrichtungen. Das offene Gespräch mit dem Paar ist Teil der Konsultationen mit dem Arzt und der Gespräche mit den Beraterinnen.


4. Fallbeispiele

1. Eine dreißigjährige Frau wurde nach chirurgischer und medikamentöser Therapie 2012 schwanger. Es bestand zuvor ein ausgeprägtes PCOS mehrjährige Amenorrhoe. Drei Jahre später erreicht uns überraschenderweise eine weitere Geburtsanzeige dieses Paares. Auf Nachfrage berichtet der Vater: „Wir wollten gerne ein zweites Kind und wieder klappte es nicht direkt. Wir hatten noch den

Therapieplan von damals. Die Medikamente hat meine Frau, sie ist Apothekerin, besorgt und dann hat es ganz schnell geklappt.“ Inzwischen ist die Patientin erneut in medikamentöser Therapie in unserer Klinik und mit dem dritten Kind schwanger.

2. Ein junge Frau mit immunologischen Erkrankungen und Zustand nach mehreren Aborten und Frühgeburt wird nach ca. 8 Monaten schwanger. Neben der Hormontherapie hat sie eine Diät zur Vermeidung allergener Nahrungsmittel eingeleitet. In der Schwangerschaft kommt es zu Blutungen, die jedoch durch eine Erhöhung der Progesterondosierung rasch zum Stillstand kommt. Die Frau entbindet kurz vor dem errechneten Termin.


3. Ein junges Paar mit erheblicher Fertilitätsproblematik des Mannes und Zyklusstörungen der Frau. Durch Hormontherapie beider Partner verbessert sich die Fertilität, sodass eine Konzeption eintritt.


Zusammenfassung:
Zusammenfassend ist NaProTechnology eine bewährte Methode, die die Ursachen der ungewollten Kinderlosigkeit strukturiert und konsequent aufdeckt und durch moderne konservative und chirurgische Therapieprotokolle behandelt. Ziel ist die Wiederherstellung der Fruchtbarkeit des Paares, sodass eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg erreicht werden kann. Im Zentrum steht das Paar mit seinen individuellen medizinischen, psychologischen, sozialen und spirituellen Fragen, Bedürfnissen und Möglichkeiten.
Im engen Zusammenspiel mit der ärztlichen Betreuung steht die FertilityCare-Beraterin, die den Paaren nicht nur Einsicht in die Zyklustätigkeit vermittelt, sondern ihnen auch als Begleiterin auf diesem Weg zur Seite steht. FertilityCare, Sorge tragen für die Fruchtbarkeit, ist nicht nur der Name, sondern auch die Grundeinstellung aller Mitarbeiterinnen. Fruchtbarkeit gehört zum Menschen, ist eine Gabe und zugleich eine Aufgabe. Die vielen Geburtsanzeigen und Dankkarten erinnern uns, wie beglückend es ist, (endlich!) Leben schenken zu dürfen.


Alle Literatur bei der Verfasserin

Kontaktdaten:
Dr. med. Susanne van der Velden,
Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe
Oberärztin Abteilung Gynäkologie, Senologie und Geburtshilfe FertilityCare-Klinik
Kath. Karl-Leisner-Klinikum Kleve www.fertilitycare.de fertilitycare@kkle.de